Heilige Hildegard von Bingen
Die Ausstellung
Im Oktober 2012 wird Papst Benedikt XVI. die hl. Hildegard von Bingen (1098-1179) zur Kirchenlehrerin der katholischen Kirche erheben. Aus diesem Anlass stellt das Dommuseum Mainz in der Ostkrypta des Mainzer Domes das theologische Werk der wohl bekanntesten Mainzer Heiligen und einer der bedeutendsten Gestalten des hohen Mittelalters vor.
Obwohl Hildegard bis weit über ihr vierzigstes Lebensjahr hinaus im Kloster auf dem Disibodenberg im Verborgenen lebte und erst in ihrer zweiten Lebenshälfte dem 1141 ergangenen göttlichen Ruf „Sage und schreibe nieder, was du siehst und hörst!“ folgte, schuf sie ein schriftstellerisches Werk, dessen Vielfalt und Umfang von keiner anderen Frau ihrer Epoche erreicht wurde. Hildegards heutige Popularität beruht wesentlich auf ihren beiden Schriften Physica und Causae et curae, also ihren beiden – vergleichsweise schlecht überlieferten – naturkundlichen Arbeiten. Ungleich besser dokumentiert und in den letzten Jahrzehnten wissenschaftlich hervorragend aufgearbeitet sind hingegen ihre drei theologischen Schriften Wisse die Wege (Scivias), das Buch der Lebensverdienste (Liber Vitae Meritorum) und das Buch vom Wirken Gottes (Liber Divinorum Operum), die zu Hildegards Lebzeiten ihren Ruhm als „Posaune Gottes“ ausmachten. Scivias und Liber Divinorum Operum, die beide im Mittelalter umfassend und in überaus eindringlicher Bildsprache illustriert wurden, stehen im Mittelpunkt der Ausstellung, in der in großformatigen Leuchttafeln die wichtigsten Miniaturen beider Schriften reproduziert werden. Ihr visionärer Inhalt wird dabei mit Hildegards eigenen Worten wiedergegeben. Die Kraft der visionären Schau tritt dadurch ebenso deutlich hervor wie die Tiefe der theologischen Kenntnisse, deren Fülle und Reichtum von Hildegards außerordentlicher Bildung zeugen. Ihre Selbsteinschätzung als „indocta“ (ungelehrt) erweist sich damit als zeittypischer Demutstopos.
1098 geboren, wächst Hildegard im rheinhessischen Bermersheim auf und wird bereits im Kindesalter als Inklusin in das Kloster Disibodenberg an der Nahe gegeben, wo sie ab 1136 der dortigen benediktinischen Frauengemeinschaft vorsteht. 1147 gründet sie auf dem Binger Rupertsberg ihr eigenes Kloster, dessen rasches Wachstum 1165 eine Filialgründung jenseits des Rheines in Eibingen notwendig macht. Im Gegensatz zu heute liegen alle diese Orte im Mittelalter innerhalb der Grenzen des Mainzer Erzbistums, weshalb Hildegard mit Recht als Mainzer Heilige bezeichnet werden darf. Daher wurde 1998 nicht nur weltweit, sondern gerade auch in Mainz der 900. Geburtstag der Heiligen mit vielen Veranstaltungen besonders gefeiert. Das Mainzer Dommuseum zeigte seinerzeit eine vielbeachtete Ausstellung, in der Leben und Werk der Seherin anhand einer Fülle von Originalen umfassend vorgestellt wurden. Diese verdienstvolle Ausstellung am selben Ort zu wiederholen, erscheint wenig sinnvoll und verbietet sich auch aus Verantwortung vor den empfindlichen Kunstwerken von selbst. Stattdessen werden die seinerzeit angefertigten Leuchttafeln zu Hildegards Visionsschriften, die als Leihgabe im Binger „Museum am Strom“ eine dauerhafte und sinnvolle Bleibe gefunden haben, in der Ostkrypta des Mainzer Domes neu gruppiert und in eine unmittelbare Beziehung zu Hildegard selbst gesetzt. Denn hier befindet sich der sogenannte „Schrein der Mainzer Heiligen“, in dessen Innerem auch eine Reliquie der hl. Hildegard bewahrt wird. Kein anderer Ort wäre daher besser geeignet für eine Präsentation von Hildegards theologischem Werk, das bereits im Mittelalter als eine der entscheidenden Grundlagen für ihre Heiligkeit aufgefasst wurde. Ich danke daher sehr dem Direktor des Binger Museums, Dr. Matthias Schmandt, dass er sich gerade für jene zwei Monate, in denen Hildegard durch die Erhebung des Heiligen Vaters weltweit in aller Munde sein wird, von den Reproduktionen des Scivias und des Liber Divinorum Operum getrennt hat. Als kleines Dankeschön für diese entgegenkommende Kooperation ist sein Haus in dem vorliegenden Katalogbuch durch das Binger Museums-Logo vertreten, was auch deshalb sinnvoll ist, da das Büchlein jenseits der Mainzer Präsentation auch den Binger Museums-besucherinnen und -besuchern künftig Hildegards visionäres Schaffen nahebringen soll. Ein weiterer Dank geht an die Schwestern der Benediktinerinnenabtei Kloster Eibingen, namentlich an Sr. Philippa OSB, die entgegenkommend und in einer seit 1998 bewährten Zusammenarbeit die Reproduktion einiger der Scivias-Miniaturen für diesen Katalog gestattete. Domdekan Heinz Heckwolf griff die Idee, die Ausstellung in der Ostkrypta des Domes zu zeigen, engagiert auf, so dass, im Zusammenspiel mit dem geheimnisvoll funkelnden Heiligenschrein, die buntfarbig leuchtenden Tafeln in diesem stimmungsvollen neoromanischen Raum ein ganz neues, beinahe mystisches Erleben von Hildegards Visionen erlauben. Für diese Möglichkeit möchte ich mich sehr herzlich bedanken.Die teils in neuerer Übersetzung zitierten Visionstexte sowie der Beitrag von Dr. Helmut Hinkel zur Kanonisation der hl. Hildegard basieren weitgehend auf jenen Beiträgen, die bereits 1998 im Katalog der Hildegard-Ausstellung des Dommuseums publiziert wurden. Dies sei insofern gestattet, da der seinerzeit die Präsentation begleitende, umfangreiche Katalog seit langem vergriffen und die Ausstellung selbst einer seither herangewachsenen neuen Generation unbekannt ist. Anders als damals liegt in der jetzigen Ausstellung der Fokus allein auf dem visionär-theologischen Werk der Heiligen, das dankenswerterweise durch den Gemeinschaftsbeitrag von Dr. des. Anja Lempges und Dr. Claudia Sticher auf seinen prophetischen Gehalt und dessen Grundlage im Alten Testament hin untersucht wird. Einführend steuert Kardinal Lehmann aus gegebenem Anlass einen Beitrag zur hl. Hildegard als Kirchenlehrerin bei, der ihre Bedeutung im Kreise anderer gelehrter Heiliger ebenso darlegt wie Hildegards Verehrung im Bistum Mainz damals und heute. Für diesen besonders aktuellen Beitrag sei ebenfalls recht herzlich gedankt.
Die Verwirklichung des Projektes ruhte, wie stets, auf vielen Säulen. Mein besonderer Dank gilt Sandra Ess und ihren rührigen Mitarbeiterinnen, die alle Druckerzeugnisse nicht nur in einwandfreier Qualität, sondern vor allem auch in kürzester Zeit zu realisieren wussten. Gleiches gilt für Thomas Hutsch und Dejan Pantic von gutegründe. Seit nunmehr neun Monaten gibt es ein neues Museumsteam, das sich zu einer leistungs- und nervenstarken Mannschaft entwickelt hat: Anja Coffeng-Bergmannshoff, Paul Engelmann, Esther Klippel, Anja Lempges, Mechthild Reinelt-Weber und Bettina Schmitt. Ohne sie wäre auch diese Ausstellung nicht möglich gewesen – mein ganz besonderer und herzlicher Dank gilt daher allen meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
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Museum am Strom Bingen: www.landderhildegard.de